06/10/2020
Arbeitsleben
Die Steuerbelastung an einem bestimmten Ort kann mitentscheidend sein, ob man sich gern niederlässt oder den Ort lieber meidet. In dieser Story zeigen wir, wie der Aargau im schweizweiten Vergleich dasteht und wo im Kanton Privatpersonen besonders wenig Steuern zahlen.
Der Aargau gilt nicht als Steueroase wie etwa die Kantone Zug, Nidwalden oder Schwyz. Trotzdem muss er sich nicht verstecken. Die Steuerbelastung sowohl der natürlichen als auch der juristischen Personen (Unternehmen) ist kantonsweit tiefer als der Schweizer Durchschnitt. Dies zeigte die Standortqualitäts-Studie der Credit Suisse im Jahr 2019. Im Rahmen der 2020 in Kraft getretenen Unternehmenssteuerreform verzichtete der Aargau, im Gegensatz zu anderen Kantonen, auf eine Senkung des Gewinnsteuersatzes.
Doch hier interessieren die natürlichen Personen und insbesondere die Frage, wie es für sie punkto Steuerbelastung aussieht, was innerhalb des Kantons von Stadt zu Stadt und Dorf zu Dorf variiert. Als Steuerpflichtige*r in der Schweiz bezahlt man verschiedene Arten von Steuern: Staatssteuern (an den Kanton), Bundessteuern, evtl. Kirchensteuern und Feuerwehrsteuern. Für einen innerkantonalen Vergleich sind allerdings die Gemeindesteuern massgebend, weil diese sich – wie der Name schon sagt – von Wohngemeinde zu Wohngemeinde unterscheiden.
Grosse Unterschiede zwischen Gemeinden
Auf unserer interaktiven Karte sehen Sie die Steuerfüsse 2020 sämtlicher Gemeinden. Die Unterschiede sind zum Teil massiv, die Skala reicht von 70 Prozent und weniger bis zu 125 Prozent und mehr. Die aktuellen Rekordhalter sind am unteren Ende der Skala Geltwil im oberen Freiamt mit einem Gemeindesteuerfuss von 50 Prozent und Schlossrued im Ruedertal mit 127 Prozent am oberen Ende. An einem Beispiel illustriert, bedeutet das: Wer als Alleinstehender in Schlossrued ein steuerbares Einkommen von 70'000 Franken hat, zahlt 5376 Franken Gemeindesteuern. In Geltwil würde dieselbe Person nur mit 2116 Franken belastet und damit satte 3260 Franken sparen.
Wie berechnen sich diese Zahlen?
Für die Einkommenssteuer gibt es einen Grundtarif, von dem aus die verschiedenen Steuerarten, namentlich die Kantons-, Gemeinde- und Kirchensteuern, abgeleitet werden. Der Grundtarif ist ein Prozentsatz des steuerbaren Einkommens, wobei dieser Satz mit dem Einkommen steigt (sogenannte Steuer-Progression). Der Satz für ein Einkommen von 70'000 Franken beträgt genau 6,0471 Prozent für Alleinstehende. (Verheiratete werden mit einem tieferen Satz besteuert, dafür werden ihre Einkommen zusammengezählt. Verheiratete Doppelverdiener bezahlen dadurch in der Regel mehr Steuern, als wenn jede*r ein Einzeleinkommen versteuern würde: Diesen Umstand wird umgangssprachlich Heiratsstrafe genannt.)
Der Grundtarif beträgt in diesem Beispiel also 70'000 Franken * 6,0471 Prozent = 4233 Franken. In einer Gemeinde mit einem Steuerfuss von 100 Prozent würde man genau so viel Gemeindesteuern bezahlen. Sarmenstorf im Seetal und Würenlingen im unteren Aaretal sind aktuell solche Gemeinden. Hat eine Gemeinde einen höheren oder tieferen Steuerfuss als 100 Prozent, wird der Betrag dementsprechend angepasst – in Geltwil also halbiert, in Schlossrued um gut einen Viertel erhöht.
Der durchschnittliche Gemeindesteuerfuss im Kanton Aargau liegt bei 102 Prozent. Städte wie Baden, Brugg, Aarau und Zofingen trumpfen neben der zentralen Lage und einer ausgebauten Infrastruktur mit attraktiven Steuerfüssen von unter 100 Prozent auf. Mit Tiefsteuer-Gemeinden wie Oberwil-Lieli (57 Prozent), Meisterschwanden (65 Prozent), Kaiseraugst (70 Prozent) oder eben dem Steuerparadies Geltwil können sie allerdings nicht mithalten.
Kantonssteuern gleichen die Unterschiede aus
Man sollte die Gemeindesteuern in der Gesamtbetrachtung nicht zu stark gewichten, schliesslich zahlt man zusätzlich ja auch noch Staats- bzw. Kantonssteuern – und dieser Steuerfuss liegt für alle Aargauer*innen momentan bei 112 Prozent. Der alleinstehende Schlossrueder zahlt genau gleich viel Kantonssteuern wie die alleinstehende Geltwilerin: 4233 Franken (Grundtarif) * 112 Prozent (Steuerfuss) = 4741 Franken.
Die Steuerfüsse sind zudem nicht in Stein gemeisselt. Sie werden jährlich mit dem Budget von der Gemeindeversammlung oder in grösseren Städten vom Einwohnerrat festgelegt und können dabei erhöht oder gesenkt werden. In Schlossrued zum Beispiel ist der Steuerfuss von 2019 auf 2020 um 4 Prozent gestiegen. In Geltwil ist er im gleichen Zeitraum um sagenhafte 25 Prozent gesunken; dies laut Aargauer Zeitung dank guten Steuerzahlern, Zuzügern in ein neues Quartier und wenig Infrastrukturaufgaben. Eine Veränderung von über 10 Prozent innert Jahresfrist kommt sonst selten vor.
Schauen Sie nach, wo Sie wie viel Steuern bezahlen
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Hier geht’s zu den Grundtarifen für die Einkommenssteuer 2020
Hier geht’s zu den Gemeinde- und Kirchensteuerfüssen 2020
Autor: CH Media